Kein Heldenstück

Kein Heldenstück, sondern ein Flopp: Der Stadtrat am 2. Februar 2021
Dr. Juliane Stückrad

Am 2. Februar 2021 konnte bekanntermaßen die Stadtratssitzung in der Eisenacher Werner-Assmann-Halle nicht durchgeführt werden. Stattdessen mussten wir eine Inszenierung erleben, die sich die Stadträte Patrick Wieschke, Marco Neumann, Dieter Müller, Karsten Höhn, Susi Schreiber, Michael Stein, Benjamin Luthardt und Alexander Garwe ausgedacht hatten. Ihr formuliertes Ziel war es, die Sitzung für eine Protestaktion gegen die Anordnung des Tragens der Mund-Nase-Maske während der gesamten Stadtratssitzung zu nutzen. Das Spektakel endete dann allerdings nicht wie vorgesehen im Raustragen der Maskenmuffel durch die Polizei, was von einigen Akteuren, die sich unter das Publikum gemischt hatten, sehr bedauert wurde. So vernahm die Autorin dieser Zeilen den Satz: „Patrick, mach nicht noch mal solche falschen Versprechungen. Ich wollte rausgetragen werden.“

Betrachten wir die zentrale Requisite der Inszenierung, die Mund-Nase-Maske, erkennen wir schnell, dass es besagten Stadträten natürlich nicht um das Infragestellen der Wirksamkeit eines Stückchens Filtermaterials ging, sondern um dessen symbolische Aufladung als Ausdruck der vermeintlichen Unterdrückung bürgerlicher Grundrechte in einer sogenannten „Corona-Diktatur“, wie es lautstarke Zwischenrufe kundtaten. Von ihren Überzeugungen dermaßen beflügelt, erhofften sich die acht Mimen in der nun zur Kampfarena erklärten Handballhalle und ihre engagierten Unterstützer auf der Tribüne den großen Auftritt: Susi Schreiber, Michael Stein, Benjamin Luthardt und Alexander Garwe verließen in den Rollen der edlen Ausgestoßenen schon bald wieder die Bühne. Partick Wieschke, Marco Neumann, Dieter Müller und Karsten Höhn schlüpften in die Rollen der standhaften Streiter für die Bürger und blieben auf der Bühne sitzen. Auf der Tribüne hatte sich ein epischer Chor versammelt, der die Handlung vorantreiben sollte. Doch was als Heldenstück gedacht war, wurde zu einem hochgradig peinlichen Flopp, da die komplette Geschichte, die hier erzählt werden sollte, vollkommen unglaubwürdig, überzogen und unstimmig war.

Den Mund-Nase-Schutz als vermeintliches Symbol der Abschaffung unserer Grundrechte in den Mittelpunkt der Inszenierung zu stellen, trug die Handlung nicht, denn die Darsteller und ihr unprofessionelles Regieteam hatten etwas vergessen: Es waren nämlich noch sehr viel mehr andere Akteure auf der Bühne, die zwar unfreiwillig aber dennoch zum Teil der Aufführung wurden. Diese Vielen störten sich nicht an den Mund-Nase-Masken und trugen sie, ohne groß Aufhebens darum zu machen. Dabei ist auch ihnen die Maske nicht zwingend angenehm; auch sie würden lieber frei nach Luft schnappen. Aber sie halten das einfach aus. Und so geht es sehr vielen in der Gesellschaft: Ärztinnen, Schwestern, Pflegern usw. – sie alle halten das aus, weil sie stark und rücksichtsvoll sind.

Daher erzielte die missglückte Show der Maskenverweigerer genau das Gegenteil von dem was deren Protagonisten geplant hatten. Die acht oben benannten Fraktionäre und ihre Statisterie stellten auf der Bühne der Assmannhalle keine Helden dar. Zu erleben waren eben nicht stolze Ausgestoßene und standhafte Streiter, sondern verweichlichte Unruhestifter, die aus einer kleinen Schutzmaske ein hysterisches Drama machen. Mit dem Ablegen ihrer Masken haben sie sich selbst entlarvt: als larmoyante, kleinkarierte und unangenehme Rechthaber.